Medienmitteilung Volksabstimmung vom 29. November 2020

Einseitige Behördeninformation im Abstimmungsbüchlein

Am 29. November stimmen die Stimmberechtigten in Obersiggenthal über drei wichtige Vorlagen ab. Über das Budget mit einer Steuerfusserhöhung von 105% auf 110% sowie über Investitionen von gut Fr. 20 Mio.: Fr. 11.4 Mio. für ein neues Schulhaus und Fr. 9.2 Mio. für eine Teilsanierung des Hallen- und Gartenbads. Die finanziellen Folgen dieser Abstimmungen werden die Gemeinde jahrelang belasten. Im Abstimmungsbüchlein wird dies hingegen kaum beleuchtet. 

Liest man im von der Gemeinde in den letzten Tagen versendeten Abstimmungsbüchlein die Informationen zur Teilsanierung des Hallen- und Gartenbads, erfährt man wenig von den Bedenken der Gegner und den finanziellen Folgen dieser Gross-Investition. Der Gemeinderat verzichtet darauf, die Gegenargumente aufzulisten, sondern begnügt sich in den insgesamt 11-seitigen Erläuterungen zur Vorlage mit einem einzigen Satz zu den Argumenten der Minderheit. Hingegen werden die Argumente für eine Teilsanierung nochmals Punkt für Punkt aufgelistet. Damit nicht genug. So wird die Notwendigkeit der Sanierung u.a. mit 2 Fotos untermalt. Nur: Diese Bilder zeigen die Hallenbad-Decke vor der eben erst erfolgten Sanierung. Eine Investition, welche vom Einwohnerrat im letzten Jahr genehmigt wurde, die Sicherheitsmängel beseitigte, inzwischen abgeschlossen ist und erlaubt, dass das Schwimmbad am 14. November wiedereröffnet werden kann.

Schliessung aufgrund Sicherheitsmängel?

Im Rahmen der Diskussion über den Kredit zur Sanierung der Hallenbaddecke versicherte der Gemeinderat an der ER-Sitzung vom 28. November 2019, dass das Schwimmbad damit wiedereröffnet und für die nächsten fünf bis zehn Jahre erhalten werden kann. Heute, knapp ein Jahr später steht im Abstimmungsbüchlein, dass das Hallenbad im Falle einer Ablehnung des Kredits aufgrund von Sicherheitsmängeln geschlossen werden müsste. Diese absolute Formulierung wurde nun durch den Gemeinderat angepasst und auf der Homepage der Gemeinde präzisiert: fehlende Mittel für eine Kontrolle der Tragstrukturen der Aussenanlagen würden zur Schliessung führen. Wir sind überzeugt, dass ein dafür notwendiger Kredit im Einwohnerrat bewilligt und so ebenso rasch Klarheit geschaffen werden könnte. 

Massive negative finanzielle Folgen sind nachhaltig

Eine Annahme der Vorlagen wird die finanzielle Handlungsfähigkeit der Gemeinde über Jahre stark einschränken. Die starke Zunahme der Schulden (welche im Abstimmungsbüchlein überraschenderweise nicht oder nur teilweise gezeigt werden) und die trotz Steuererhöhung prognostizierten Defizite in Millionenhöhe werden dazu führen, dass eine Sparübung auf die nächste folgen wird und weitere Steuererhöhungen unausweichlich werden. Die FDP ist überrascht, dass in der aktuellen Diskussion die Themen „Schulden" und "Schuldenabbau“ praktisch negiert werden. Vielleicht liegt es auch daran, dass die Höhe der Schulden im Abstimmungsbüchlein nur bis ins Jahr 2022 aufgeführt werden (als Schulden pro Kopf) und hingegen die absolute Höhe (nämlich knapp CHF 50 Mio. im Jahr 2025) fehlt.

Die FDP setzt sich für nachhaltige Gemeindefinanzen, moderate Steuern und damit für eine attraktive Gemeinde ein. Darum hat sie den Schwimmbadkredit im Einwohnerrat bekämpft und empfiehlt für die Volksabstimmung ein klares NEIN! Das Schwimmbad muss deshalb nicht geschlossen werden und es bleibt genügend Zeit, um die in der FDP-Motion geforderte Schaffung eines Regionalbades zu prüfen und umzusetzen.

Entwurf der GAF-Reform teils mutlos; Beibehaltung der Schuldenbremse wichtig – Immobilienfinanzierung weiterhin ein Murks

Das mittlerweile mehrjährige Projekt der Teilrevision des Gesetzes über die wirkungsorientierte Steuerung von Aufgaben und Finanzen (GAF) kommt in wichtigen Teilen nicht entscheidend voran, wie der heute präsentierte Vorschlag des Regierungsrats leider zeigt. Immerhin: Das Erfolgsmodell Schuldenbremse – eine freisinnige Errungenschaft – wird nicht angetastet. Gesunde Kantonsfinanzen sind von grosser Wichtigkeit, sie entlasten vor allem auch Bevölkerung und Wirtschaft. Als mutlos muss das geplante neue Finanzierungsmodell Immobilien bezeichnet werden. Der Regierungsrat sieht keine doppelte Schuldenbremse wie bei den Gemeinden vor, sondern möchte die bisherige, weniger griffige Kompromisslösung fortführen. Die Bemühungen zu Vereinfachungen bei der Steuerung des Aufgaben- und Finanzplans und den damit verbundenen Bürokratieabbau begrüsst die FDP.

Im vergangenen Frühjahr hat sich die FDP Aargau vehement gegen die vorgesehene Aufweichung der Schuldenbremse gewehrt. Mit Erfolg: Die nun überarbeitete Vorlage für eine Revision sieht von einer Schwächung dieses Instrumentes ab und schlägt auch keine Abschaffung des Höhenverschuldungsreferendums mehr vor. Dies begrüsst die FDP. Die Schuldenbremse ist aus freisinniger Sicht für eine nachhaltige Finanzpolitik absolut zentral und darf weder ausgehebelt noch umgangen werden. Ein massloses Überborden bei den Ausgaben bleibt ausgeschlossen. Die Bevölkerung im Aargau kann darauf zählen, dass der Kanton auch in Zukunft strukturell gesund ist. Der Aargau muss attraktiv bleiben als Wohn- und Wirtschaftsstandort, als Ort zum Leben und Arbeiten. Hierfür sind gesunde Kantonsfinanzen das notwendige Fundament.
 

Finanzierungsmodell Immobilien überzeugt nicht
Die FDP hat in den seit mehreren Jahren andauernden Diskussionen über das Finanzierungsmodell Immobilien wiederholt gefordert, dass eine doppelte Schuldenbremse mit einer Investitionsrechnung analog den Gemeinden eingeführt wird. Mit Erfolg hatte sich die freisinnige Fraktion 2019 für eine Befristung der aktuellen Regelung bis 2023 eingesetzt, um dem Regierungsrat Zeit für die Erarbeitung einer tauglicheren Gesetzesvorlage einzuräumen. Leider ist es der Regierung nicht gelungen, eine überzeugende neue Vorlage zu erarbeiten. Stattdessen wird eine unbefristete Fortführung der aktuellen Übergangslösung vorgeschlagen. Massnahmen wie die Erhöhung des Schwellenwertes bei Immobilienprojekten von 20 auf 50 Millionen Franken bei zeitgleicher Aufhebung der Begrenzung der jährlichen Entlastungswirkung unterstellt zwar weniger Projekte der Sonderlösung, schwächt jedoch den Effekt der Schuldenbremse. Dies ist aus Sicht der FDP keine weitsichtige Lösung. Die FDP wird sich in den anstehenden Kommissions- und Parlamentsberatungen entsprechend einbringen und weiterhin die Einführung einer doppelten Schuldenbremse fordern.
 

Sinnvolle Prozessoptimierungen
Weitere Bereiche der Revision wie die übersichtlichere Gestaltung der Beratungsunterlagen von Finanzgeschäften im Grossen Rat und Vereinfachungen der Kompensationsmöglichkeiten durch den Regierungsrat innerhalb des Globalbudgets sind sinnvoll. Sie werden von der FDP unterstützt. Der separate Beschluss über eine allfällige Erhöhung der Lohnsumme der Staatsangestellten regelt die vieldiskutierte Systempflege auf angemessene Weise: Der Grosse Rat entscheidet über die Freigabe von Finanzmitteln, der Regierungsrat über deren gezielten Einsatz.

 

Dr. Bernhard Scholl, Grossrat, Ressortleiter Finanzen und Ressourcen:
«Die FDP-Fraktion ist erfreut, dass an der Schuldenbremse festgehalten wird. Das ist zentral für eine nachhaltige Finanzpolitik. Das Finanzierungsmodell Immobilien überzeugt hingegen nicht und bleibt ein Flickwerk. Wir werden uns weiterhin gezielt mit Verbesserungsvorschlägen einbringen.»

 

Weitere Auskünfte:
Dr. Bernhard Scholl, Grossrat, Ressortleiter Finanzen und Ressourcen, Tel. 079 698 83 07
Sabina Freiermuth, Grossrätin, Parteipräsidentin, Tel. 079 333 51 78